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Meinklang – ein Hof als Organismus

Meinklang Tierhaltung Hühner

Die Großfamilie Michlits führt im abgelegensten Winkel des Burgenlandes einen gemeinsamen Hof, der Wein, Getreideanbau und Tierhaltung umspannt. Mit den Prinzipien des biodynamischen Demeter-Anbaus streben sie danach, auf ihrem Hof die perfekte Kreislaufwirtschaft herzustellen, an der die Menschen, die Tiere, die Pflanzen, der Boden und der Kosmos im Einklang – oder Meinklang – zusammenspielen.

Familie Michlits

Pamhagen liegt inmitten der pannonischen Tiefebene, am tiefsten Punkt Österreichs, gleich an der ungarischen Grenze, die das Dorf lange abschnitt. Und doch – einst waren die Dörfer dies- und jenseits des Eisernen Vorhanges ein Land und eine Kulturlandschaft. Weiden und Weingärten, trockengelegte Moore und salzhaltige Lacken, der Neusiedler See, der Einser Kanal und auf ungarischer Seite der erloschene Vulkan Somló prägen die Landschaft, die die Familie Michlits am Meinklang-Hof seit Generationen bewirtschaftet.

Der Hof im Glas

Die entlegene Lage ihres Demeter-Hofes hält das Meinklang-Team jedoch nicht davon ab, großräumig zu denken. Um das hofeigene Getreide auch selbst zu veredeln, haben sie jüngst eine Bäckerei und einen Hofladen in einer ehemaligen Galerie in der Schleifmühlgasse in Wien ins Leben gerufen. So wollen sie die Landwirtschaft direkt in die Stadt bringen.

Gemeinsam mit dem befreundeten Koch Thomas Piplitz wird nun für den Pop-up Hofladen eingerext und gebacken. Nun werden Suppen, Consommé, Lamm-Sauce, Beuschel, Gulasch, Grammelschmalz und Leberpastete im Glas zu den KundInnen nach Wien gebracht.

Neu: Hofladen & Bäckerei

Und dann gibt es noch das frische Brot, das der eigentliche Impuls war, neues Terrain zu erforschen. Auf den biodynamisch bewirtschafteten Feldern gedeiht auch Urgetreide wie Kamut, aus dem nun Vollkornmehl hergestellt wird. Und die Familie Michlits wollte ihr Mehl auch am eigenen Hof weiterverarbeiten. Schon das Mahlen des Getreides erwies sich als Angelegenheit für Tüftler. Mit einer Osttiroler Steinmühle experimentierten Lukas Michlits und Thomas Piplitz mit Temperatur, Feinheit und Konsistenz des Mehls. Vor allem der Kleber im Getreide und dessen Behandlung beim Mahlen sorgen später für die Qualität des Brotes.

Gut traf es sich, dass im benachbarten Mönchhof gerade eine kleine Bäckerei zusperrte. Die dient nun der Familie Michlits als Backstube. Statt chemischen Backtreibern wird hier nur mit Sauerteig und dem eigenen Mehl gearbeitet und in traditioneller Handarbeit ein flauschiges, außen knuspriges Brot gebacken. Ebenso zufällig fand sich die Kooperation mit der leerstehenden Galerie in der Wiener Innenstadt, wo das Brot, die Mehlsorten, der Wein und die eingerexten Fleischprodukte in Demeter-Qualität nun erhältlich sind und Genuss aus dem Burgenland in die Stadt bringen.

Meinklang – Projekt Großfamilie

Jeder der Brüder hat sein eigenes Steckenpferd: Werner den Weinbau, Hannes das Getreide und Lukas die Tierzucht.

Kühe, Mangalitzaschweine, Schafe und Pferde beleben den Hof. Weinbau und Ackerbau wird auf burgenländischer und ungarischer Seite betrieben. An den fruchtbaren Hängen des Vulkanlandes rund um den Somló gedeihen Weine mit jahrhundertealter Geschichte. Auch als Heilmittel wurden die Somlóer Weine geschätzt.

Alle gemeinsam leben in Pamhagen und sehen die einzelne Sparten als Teil einer zusammenhängenden Kreislaufwirtschaft nach Demeter-Prinzipien. Doch diese haben nichts enges, bäuerliches, auf den Boden fixiertes, wie die Gründung der zweisprachigen Waldorfschule in Pamhagen verdeutlicht.

Vom Neusiedler See bis zum Somló Vulkan

Den Hof selbst gibt es schon seit mehreren Generationen und entging den Wirren der burgenländischen Grenzziehungen nicht. Die Felder, die auf ungarischer Seite geblieben sind, wurden in den 50er-Jahren enteignet. Die Eltern kauften dann nach dem Fall des Eisernen Vorhanges wieder Felder, teils ihre alten Flächen, auf ungarischer Seite dazu und erweiterten die Landwirtschaft. Ihr Traum war es, 100 ha zu bewirtschaften. Doch dann gelang noch mehr und die Ländereien vergrößerten sich auf 2000 ha. Nun tritt man den Beweis an, dass biodynamischen Landbau auch im großen Stil gut möglich ist.

Meinklang Weinkeller

Die Familie Michlits ist überzeugt, dass eine Lebensmittelversorgung auch mit biologischer oder biodynamischer Landwirtschaft möglich wäre. Anzusetzen sei erst einmal bei der exorbitanten Lebensmittelverschwendung. Tiere zu Gänze zu nutzen sei ebenso wichtig, wie die Kleie aus der Mehlerzeugung an die Schweine zu verfüttern, statt sie als Abfall zu betrachten.

Demeter – harmonische Ordnung und Kreislaufwirtschaft

Denn die Prinzipien, nach denen am Meinklang-Hof gewirtschaftet wird, sind biologisch, gehen aber noch weit darüber hinaus. Demeter geht auf den Anthroposophen Rudolf Steiner zurück, der die Grundlagen dieser Philosophie legte. Und der gab eine frühe Antwort auf die Industrialisierung der Landwirtschaft, die den Boden auslaugt und die natürlichen Kreisläufe zerstört.

Im Mittelpunkt steht der Hof, der einen in sich geschlossenen Kreislauf bildet, einen lebendigen Organismus, in dem alle Teile, eine gleichwertige Rolle spielen: die Tiere ebenso wie ihr Mist, die fruchtbaren Böden des Vulkanlandes ebenso wie die kargen Weiden. Auf den Feldern wird Getreide, aber auch eigene Futtermittel und Saatgut produziert. Dies nährt die Tiere, deren Mist wiederum den selbst produzierten Dünger veredelt. Neben Grünzeug und Mist werden in den Kompost auch Heilpflanzen wie Schafgarbe, Kamille, Eichenrinde, und Brennnessel beigefügt. Am Hof soll alles hergestellt werden, was er und die BewohnerInnen braucht.

Meinklang – im Rhythmus von Natur und Kosmos

Die sensible Beobachtung der Pflanzen, des Bodens und der Jahreszeiten, der Mondzyklen und des Kosmos ist die nächste Ebene des landwirtschaftlichen Denkens. Genauso wie die Achtung vor dem Leben und einer Kulturführung, die der Natur folgt, statt sie zu beherrschen. So wird die Beziehung zu den natürlichen Kräften ständig verstärkt.

Der Aufbau eines lebendigen Bodens samt seiner Mikroorganismen ist ein bedeutender Teil der Lebensaufgabe der Familie Michlits. Noch nach 10 bis 15 Jahren der Demeter-Bewirtschaftung kann man immer noch ein zuvor konventionell bewirtschaftetes Feld von einem über Generationen in Bio-Landbau beackerten Land unterscheiden. Die Grundstücksgrenzen bleiben so lange sichtbar und zeigen sich an Farbe, Beschaffenheit, Fruchtbarkeit und Bewuchs des Bodens.

Die Präparate, die Fünf, das Ei

Und dann hat Demeter noch seine eigenen Geheimnisse: die biodynamischen Präparate etwa, die in einem eigenen Reiferaum aus fermentiertem Pflanzen und Kuhdung hergestellt und in Hörnern im Boden vergraben werden oder in Wasser gelöst auf die Felder aufgebracht werden.

Oder die Liebe zu natürlichen Formen, wie dem Ei. Das lässt sich nicht nur in der Natur beobachten, sondern auch innerhalb geometrischer, mathematischer und kosmischer Bezüge ableiten. Und die Familie Michlits findet Freude daran, ihren Wein in eiförmigen Behältern reifen zu lassen. Denn das Ei lässt den Wein während des Gärungsprozesses frei zirkulieren.

Meinklang: Erde, Vielfalt, Kreislauf

Die Form des Tropfens wiederum diente als Vorlage für Oasen der Artenvielfalt, die in den Meinklang-Weingärten die Monotonie der exakt in Reihen gesetzten Weinreben unterbrechen. Sie schaffen geräumige Ökoinseln, in denen Holunder und wilde Kräuter gedeihen und Insekten, Vögel, Schmetterlinge und Kleintiere leben. Sie alle dienen der Harmonisierung der Weingärten, dem Humusaufbau und der Artenvielfalt.

In der Demeter Philosophie dreht sich alles um die natürliche Ordnung der Dinge und harmonische Strukturen, den perfekten Kreislauf in dem sich alles ergänzt, befruchtet und entfalten lässt. Von der Weinreben bis zur Familie. Nichts weniger als ein kleines Paradies zu schaffen, ist das Ziel am Meinklang-Hof.

Meinklang
Familie Michlits
Hauptstraße 86
A-7152 Pamhagen
+43 2174 2168-11
www.meinklang.at

Öffnungszeiten für Weineinkauf
Mo  –  Fr, 8 – 16 Uhr

Hofladen Wien
Schleifmühlgasse 3
1040 Wien
Mi – Sa, 10 – 18 Uhr

Fotos: Meinklang