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Mangalitzaschweine: wollig & speckig

100 Jahre Burgenland sind auch 100 Jahre, in denen gekocht, gegessen und gefeiert wurde. 100 Jahre, in denen man Bohnen, Wein, Kirschen und Gemüse erntete, riesige Gänseherden ganze Dörfer prägten und eine ganz besondere Schweinrasse gezüchtet wurde: die Mangalitzaschweine. Im Seewinkel, zwischen dem Neusiedler See und der ungarischen Grenze, züchtet der Biobauer Jo Göltl die alte, robuste Haustierrasse wieder. Aus ihre Speck produziert er Köstlichkeiten wie reinweißen, zartschmelzenden Lardo.

Eine wahrhaft bunte Mischung hat Jo Göltl da auf seinen Weiden in Frauenkirchen stehen: rote Mangalitzaschweine, schwalbenbäuchige Mangalitzaschweine und scheckige Turopoljeschweine, eine alte slowenische Rasse.

Alle gemeinsam tummeln sich auf einem Feld mit einem Unterstand aus Strohballen– völlig ausreichend für die robuste Haustierrasse. Wenn Jo Göltl aus dem Auto steigt, dann rennt die ganze Herde lauthals auf ihn zu. Denn Schweine lieben Futter, aber auch Unterhaltung! Nach der Fütterung kommt der wahre Spaß – Göltl dreht den Schlauch auf und verwandelt eine Mulde in zähen Gatsch. Wenn sie sich genüsslich im Schlamm suhlen merkt man: das ist das Glück im Schweineleben!

Wollig & robust

Mangalitzaschweine zählen zu den ältesten europäischen Schweinerassen und erfreuten sich vor allem in Ungarn großer Beliebtheit. 1833 soll der serbische Fürst Milos dem österreichischen Erzherzog Joseph einige Sumadija Schweine als Geschenk gesandt haben. Der ließ sie mit ungarischen Rassen kreuzen und so entstand das ungarische Wollschwein. Mangalitzaschweine fanden ihren Weg bald bis in die Schlachthöfe Wiens. Heute wird die Rasse nur noch von ambitionierten Züchtern, die in einem Arche-Projekt samt Gendatenbank zusammenarbeiten, am Leben gehalten.Der größte Unterschied zum Zuchtschwein ist, dass die Mangalitzaschweine das ganze Jahr im Freien leben können. Das beschert ihnen ein gutes Leben. Und ein gutes Leben für die Schweine geht Hand in Hand mit einem gesunden Lebensmittel für die Menschen. Die Bewegung, die frische Luft, das biologisch angebaute Grünfutter und die Sonne machen sie robust und widerstandsfähig. Daher kann man die alten Schweinrassen ohne Fütterung von Medikamenten großziehen. Die Bewegung und das langsame Wachstum machen sich später in dunklem, fein marmoriertem Fleisch bemerkbar, das ein sehr gutes Fettsäureprofil hat. Die Fütterung mit Klee und Getreide sorgt dafür, dass das Fleisch beim Braten kein Wasser verliert.

Mangalitzaschweine vom Biobauern

Im Winter bekommen die Schweine Mais, im Sommer Luzernenklee und Getreide. Das Bio-Futter baut Jo Göltl selbst an. Im Herbst fallen auch Kürbisse und Kartoffeln von befreundeten Bio-Bauern der Region ab. Im Sommer baut Josef Göltl das Futter direkt in den Gehegen an. Die Schweine wechseln ihr Standplätze daher immer wieder, bis Pflanzen nachgewachsen sind.

Und Göltls Bio-Schweine genießen einen besonderen Luxus: auch ein schattiger Wald dient als Weide. An die Steppenlandschaft des Seewinkels, die früher viel sumpfiger war, sind die Mangalitzaschweine perfekt angepasst.

In vergangenen Tagen waren die Hausschweine eine lebende Vorratskammer für die Bauern. Was am Feld und in der Küche überblieb bekamen die Schweine – und die verwandelten es in Fleisch und Speck, das in der kalten Jahreszeit als Nahrung diente. Heute liefern sie echten Genuss aus dem Burgenland.

Speckig & schmackhaft

Der zweite große Unterschied zwischen modernen Zuchtschweinen und den Mangalitzaschweinen ist die Speckschicht. Nicht nur am Bauch, auch am Rücken bauen sie eine mächtige Fettschicht auf, die weitaus dicker als der Fleischanteil ist.

Wenn die Fütterung gut ist, ist diese Speckschicht reinweiß und wird zu einer raren Delikatesse verarbeitet. Himmlisch zart schmelzender Lardo, ein Speck ohne Fleischanteil, nur purer Geschmack, der hauchdünn geschnitten gehört.

Mangalitza Lardo

Eine weitere Spezialität des Hauses ist die Crema di Lardo, die mit getrockneten Tomaten und Gewürzen verfeinert ist. Auch Blutwürste, Bratwürste, Speck, Grammeln, Schmalz, Grammelschmalz, Presswurst, verschiedene Würste und Leberaufstrich findet man in Göltls Hofladen in Frauenkirchen. In Kooperation mit Thum Schinken werden Kochschinken und Mangalitza-Salami hergestellt.

Sautanz – archaische Schlachtfest

Und angesichts all dieser Köstlichkeiten kommen wir vom Schweineglück zum Glück der Menschen und einer der großen kulinarischen Traditionen des Burgenlandes, dem Sautanz. Wenn an einem kalten Wintertag, vor Weihnachten oder in den kargen Monaten danach, das Dorf zusammengerufen wurde, um beim Schlachttag zu helfen: beim Abstechen, Ausbluten und Entfernen der Borsten mit Pech. Und beim Verwerten einer ganzen Sau: vom Auffangen des Blutes für die Blunzn, vom Zerteilen des Tieres, von den Innereien, die beim Sautanz als erstes zubereitet wurden, vom Kochen der Schlachtsuppe, die mit allen im Dorf geteilt wurde, vom Herstellen von Grammeln und Schmalz, von den feinen Fleischteilen bis zum Verwursten der weniger edlen Teile. So ein Schlachttag war lang und harte Arbeit, und so entlohnte reichlich Schnaps und Wein, Musikanten und Tanz die Teilnehmer.

So blutig ein Sautanz auch war, die archaische Kraft dieses Festes wird heute wiederbelebt. Beim burgenländischen Koch des Jahres, Max Stiegl, im Gut Purbach, finden sich jedes Jahr zahlreiche Gäste ein, um das Spektakel eines Sautanzes zu erleben.

Doch was heute ein Ausflug für Genießer ist, war früher eine Frage des Überlebens. „Es hat ja immer nur Schmalz gegeben!“ erinnert sich manch alter Burgenländer an die Wintermonate seiner Kindheit.

Bio-Hofladen Jo Göltl

Kanalgasse 5
A-7132 Frauenkirchen
www.goejo.at
Die Öffnungszeiten des Hofladens sind nach Jahreszeit verschieden!
Exkursionen sind nach Vereinbarung möglich.

Fotos: Netzwerk Kulinarik/pov.at, Genuss Burgenland